Von Andreas bis Ursula – 12 Geschichten über 12 Kirchen

Zum Stichwort "Romanik" fällt manchem sicherlich nicht viel ein – außer dem offensichtlichen Bezug zu Rom bzw. den Römern. Bei der Romanik handelt es sich aber um eine kunstgeschichtliche Epoche. In Köln prägen vor allem zwölf große Bauwerke dieser Epoche das Stadtbild – die großen romanischen Kirchen. Dass diese zwölf Kirchen baugeschichtlich den Denkmalstatus verdient haben, liegt nahe, aber vor allem erzählen die alten Mauerwerke jahrtausendealte, teils haarsträubende Geschichten.

Die zwölf größten romanischen Kirchen verteilen sich über die gesamte Kölner Innenstadt. Dass sie das auch heute noch tun, verdanken sie einer jahrzehntelangen Geschichte des Wiederaufbaus und der Denkmalpflege. Wie so viele Teile der Stadt blieben auch die Kirchen im Ersten und Zweiten Weltkrieg nicht verschont und wurden teilweise unwiderruflich zerstört. St. Maria im Kapitol wurde so stark zerstört, dass sie fast vollständig neu gebaut werden musste. Unter maßgeblicher Beteiligung der Denkmalpflege entschied sich die Stadt Köln damals gegen einen Wiederaufbau in der Sprache der Moderne und für eine weitgehende Rekonstruktion des romanischen Bauwerks nach den Erkenntnissen der Bauforschung des 20. Jahrhunderts. Bei Kriegsschäden von rund 480 Millionen Euro blieben in den Folgejahren jedoch nach und nach Wiederaufbaumaßnahmen auf der Strecke. Ende der Siebziger Jahre stagnierten dann die Baumaßnahmen an den romanischen Kirchen. Groß St. Martin war ohne Langhaus, der Kleeblattchor von St. Maria im Kapitol blieb hinter einer Baustellenwand verborgen und das Westquerhaus von St. Kunibert eine Ruine. Die damalige Stadtkonservatorin Hiltrud Kier sah hier dringenden Förderbedarf und setzte sich 1981 für die Gründung des Fördervereins Romanische Kirchen Köln ein, der sich zum Ziel setzte, den Wiederaufbau voran zu treiben und sich finanziell daran zu beteiligen. Das heutige Stadtbild verrät, dass dies gelungen ist und noch heute unterstützt der Verein finanziell und ideell den Erhalt, die weitere Ausgestaltung und die wissenschaftliche Erforschung der romanischen Kirchengebäude in Köln.



St. Andreas

Bau: ab 1200
Keywords: Albertus Magnus, Andreas Arm, Markus Lüpertz
Lage: Komödienstraße 6-8, 50667 Köln

In Köln ist St. Andreas heute Filialkirche der katholischen Kirchengemeinde St. Aposteln und vereint die verschiedensten Elemente der Baukunst. Die Bauplastik der rheinischen Spätromantik und die gotische Innenausstattung treffen auf die neuen Fenster des Künstlers Markus Lüpertz. Im Keller liegt dann noch der alte Dominikaner und Kirchenlehrer Albertus Magnus in seinem Grab. Nicht unweit von ihm befindet sich ein Teil der Gebeine des heiligen Andreas.

Welchen langen Weg Heilige (auch nach ihrem Tod) zu "gehen" haben, beweist die Geschichte dieses Apostels. Wo heute die Kirche St. Andreas steht, soll schon im frühen Mittelalter die Kapelle St. Matthäus in Fossa gestanden haben, nur unweit vor dem römischen Nordtor. Der Boden scheint hier also schon lange geweiht. Kein Wunder, oder vielleicht ein bisschen, dass ausgerechnet im Schrein dieser Kirche die Gebeine von Andreas liegen. Der hat der Kirche nämlich seinen Namen gegeben. Wie seine Gebeine allerdings ein Jahrtausend überlebt haben, spricht auf jeden Fall für Andreas' Übermenschlichkeit (oder die Legendenpflege aller, die nach ihm kamen). Er war der erste, den Jesus als seinen Jünger berief und Bruder von Simon Petrus und muss schon einige Jahrhunderte tot gewesen sein, als seine Gebeine im Jahr 357 von Patras – das ist in Griechenland – nach Konstantinopel gebracht wurden. Das war zu dieser Zeit die neue römische Hauptstadt.

In Konstantinopel durften sich die Gebeine dann bis 1203 ausruhen, bis sie bei einem Kreuzzug geklaut wurden – offiziell um die Gebeine vor den Türken zu schützen – und nach Amalfi am Golf von Salerno, also nach Italien, gelangten. Um 1257 kam allerdings über Umwege eine Armreliquie aus Amalfi nach Köln, wo sie jedoch erst 1997 ihren Platz im Apostelschrein im Chor der Kirche fand. Auf diese Weise kann Andreas mehrere Orte zugleich mit seiner Heiligkeit beglücken, in Konstantinopel liegen seit 2007 nämlich auch wieder ein paar seiner sterblichen Überreste, die voller Einsicht, 804 Jahre nach dem Diebstahl, wieder zurück gegeben wurden.



St. Aposteln

Bau: ab 1000
Keywords: Drei-Konchen-Chor, Pilgrim, Heribert
Lage: Neumarkt 30, 50667 Köln

St. Aposteln wurde von der Geschichte gezeichnet. Das erzählen die verschiedenen architektonischen Stile, die sich im Gebäude wiederfinden. Der heutige Kirchenbau ist nicht der erste an dieser Stelle, denn bereits um 900 wurde hier ein Stift gegründet. Bis 1106 allerdings gehörte die Kirche nicht einmal zum eigentlichen Stadtgebiet, sondern lag direkt an der römischen Stadtmauer. Aus diesem Grund ist noch heute an der Ostseite des Gebäudes eine vermauerte Tür zu sehen, von der aus früher ein Weg von der römischen Mauer über eine Brücke in die Kirche führte.

Während unter einem Erzbischof namens Pilgrim seit dem 11. Jahrhundert zunächst ein klassischer romanischer Bau entstand, machte ein Brand im 12. Jahrhundert vieles zunichte. Erst danach bekam die Kirche ihren Westturm mit seiner Krypta (das ist so etwas wie eine Gruft) und dem kleeblattförmigen Chor. Der sogenannte "Drei-Konchen-Chor" ist eine mittelalterliche Bauform, die, anders als das lateinische Kreuz, ein dreiblättriges Kleeblatt bildet. Für diese Bauform ist St. Aposteln bekannt.

Die Rolle des Gründers von St. Aposteln wurde Pilgrim, der immerhin seine ganze Lebensenergie in das Gebäude gesteckt hatte, vom heiligen Heribert streitig gemacht. Selbst Pilgrims pompöses Grab wurde in die Südkonche und in einen deutlich weniger spektakulären Sarg verlegt. Heribert, zu seiner Zeit ebenfalls Erzbischof, nämlich von 999–1021, hatte im Gegensatz zu Pilgrim mehr als einen toten Körper als Reliquie zu bieten und verschaffte sich mit einem prunkvollen, goldenen Kelch, heute als Heribert-Kelch bekannt, die Rolle als wichtigste Person in der Geschichte von St. Aposteln – armer Pilgrim.



St. Cäcilien

Bau: 1130 bis 1160
Keywords: Museum Schnütgen, Ur-Dom, St. Peter
Lage: Cäcilienstrasse 29, 50667 Köln

St. Cäcilien musste sich als vergleichsweise weniger prunkvolle, turmlose und zunächst als Kloster-Kirche in ihrer Geschichte immer wieder gegenüber den anderen romanischen Kirchen behaupten. Zeitweise hieß es zum Beispiel, der Ur-Dom hätte zu früherer Zeit an ihrer Stelle gestanden, was aber nicht stimmte. Ein bisschen Trubel, der aber schnell wieder verebbte.

Schließlich und besser spät als nie, nahm die Kirche aber eine Sonderstellung unter den romanischen Kirchen ein, als 1956 das Museum Schnütgen in Cäciliens Mauern zog, um dort einige der wichtigsten Sammlungen mittelalterlicher Kunst in Europa auszustellen. Das macht St. Cäcilien gleich doppelt zu einem wichtigen Kölner Bauwerk.

Eine dritte Besonderheit ist die enge Nachbarschaft zur Pfarrkirche St. Peter, die sich optisch durch spätgotische Architektur von St. Cäcilien absetzt. Vor dem Zweiten Weltkrieg waren beide Kirchen sogar durch einen Gang miteinander verbunden. Die Konstellation, dass eine Kloster- und eine Pfarrkirche direkt nebeneinander stehen, war früher üblich, ist aber in Köln heute nur noch am Beispiel von St. Cäcilien und St. Peter zu betrachten.



St. Georg

Bau: ab 1059
Keywords: Heiliger Georg, Johan Thorn Prikker, Drachentöter
Lage: Georgsplatz 17, 50676 Köln

Außerhalb der römischen Stadtmauern wurde unter Erzbischof Anno II. im Jahr 1067 St. Georg als romanische Säulenbasilika geweiht. Im 12. Jahrhundert folgten Umbaumaßnahmen. St. Georg entstand aber nicht nur in der romanischen Bauphase, sondern auch um 1550 mit Elementen der Renaissance und des Barock. Dazu gehören zum Beispiel die nördliche Vorhalle oder das Dach des Westbaus, das aber, wie auch ein Großteil der restlichen Kirche, im Zweiten Weltkrieg zerstört und danach durch ein weniger prunkvolles Dach ersetzt wurde. Zur Ausstattung der wiederaufgebauten Basilika gehören heute auch farbige Glasfenster von Johan Thorn Prikker, die dieser um 1930 entwarf.

Namensgeber der Kirche ist der heilige Georg. Er war Ende des 3. Jahrhunderts Legionärs-Offizier unter dem oströmischen Kaiser Diokletian. Der heilige Georg war Verfechter der christlichen Religion, was damals jedoch nicht erlaubt war und starb somit den Märtyrertod durch Enthauptung. Was für eine Ironie, dass dies einige Jahrhunderte später gegenteilig praktiziert wurde. So ein Glück, dass ihm wenigstens die christliche Kirche die Ehre erwies und ihn seit dem 7. Jahrhundert als Beschützer im Kampf gegen die Nichtchristen feiert – sofern das ein Grund zum Feiern ist. Ein paar Jahrhunderte später wurde Georg dann noch Teil einer etwas phantasievolleren Legende, nach der er als Drachentöter eine Königstochter vor dem Ungeheuer gerettet haben soll. Welcher Legende man Glauben schenken sollte, ist uns frei gestellt.



St. Gereon

Bau: 350-1200
Keywords: Heiliger Gereon, fast älteste Kirche Deutschlands, Brunnen gegen Kopfschmerzen
Lage: Gereonskloster 2, 50670 Köln

St. Gereon zeichnet sich mit vier großen Bauetappen durch die vermutlich längste Geschichte der zwölf großen romanischen Kirchen in Köln aus. Glaubt man der Legende um den heiligen Gereon, römischer Offizier und Märtyrer, wurde bereits um 350 der Grundstein der Kirche gelegt, und zwar auf dem Grab Gereons und seiner 318 Legionäre. Dies kann oder soll man an den römischen Särgen, die noch heute als Aufbewahrungsbehältnis für die Reliquien in der Kirche liegen, erahnen. Im Kern des heutigen Baus sind immer noch Reste des antiken Knochen-Baus zu sehen. St. Gereon ist damit eine der ältesten noch bestehenden Kirchen Deutschlands. Auch die ovale Bauform des Gebäudes, die über die Jahrhunderte zu einem Zehneck wurde, ist in Mitteleuropa einzigartig.

Die Legende um St. Gereon weist, wie die meisten Legenden, einige haarsträubende Details auf. Angeblich soll sich in der Kirche ein Brunnen befunden haben, in den Gereon und seine Männer geworfen wurden (bei 319 Personen muss das ein nicht unbeachtlicher Brunnen gewesen sein, der aber heute archäologisch nicht mehr nachweisbar ist). Bei Grabungen um 1000 sollen dann 360 Skelette gefunden worden sein. Die Gräber der Märtyrer sollten Beweis für deren Existenz sein, auch wenn inzwischen schon eingeräumt wurde, dass 318 nur eine Symbolzahl sei und Ausgrabungen des 20. Jahrhunderts keinerlei Hinweise auf den Wahrheitsgehalt der Legende geben. Auch nicht darauf, dass der Brunnen, in dem die Leichen gelandet sein sollen, einen Staub enthielt, der Kopfschmerzen heilen sollte. Fragwürdig erscheint daher auch, dass Märtyrer, zu deren Ehren eine Kirche erst erbaut wurde, in eben jener getötet worden sein sollen. Diese Geschichte hat auf jeden Fall Potential für eine neue Folge "Zurück in die Zukunft".



St. Kunibert

Bau: um 1247
Keywords: Geheimgänge, jüngste romanische Kirche Kölns
Lage: Kunibertsklostergasse 2, 50668 Köln

St. Kunibert, gelegen im Norden der Altstadt, nur unweit vom Rheinufer, ist das Küken unter den romanischen Kirchen Kölns. Zwar hat an St. Kuniberts Stelle zu früheren Zeiten bereits eine Kirche gestanden, von der sind jedoch keine Überreste mehr zu finden. Der heilige Kunibert, Patron und Namensgeber der Kirche, war um 600 Bischof von Köln und somit einer der ersten in fränkischer Zeit. Schon damals und zu Ehren von Papst Klemens hatte Kunibert am Rheinufer eine Kirche errichten lassen. Nach seinem Tod hinterließ er seiner Kirche seinen Leichnam und seinen Namen. Diese Kirche könnte der Vorgänger der rund 1200 Jahre später entstandenen Kirche St. Kunibert gewesen sein.

Um den heiligen Kunibert winden sich zwar keine so wilden Sagen wie um andere Schutzpatrone, dennoch hat St. Kunibert in Köln ein Alleinstellungsmerkmal. Als einzige romanische Kirche in Köln hat das Gebäude nämlich eine Art doppeltes Mauerwerk, zwischen dem man auf zwei Ebenen "im Geheimen" durch säulengetragene Gänge laufen kann. Und auch wenn die Kirche über die Jahrhunderte von Sturmschäden, Kriegen und Bränden einiges einstecken musste und nachträglich noch drei Türme bekam, so sind die Gänge auch heute immer noch begehbar.



St. Maria im Kapitol

Bau: ab 1040
Keywords: größte romanische Kirche Kölns, Hl. Drei Könige, Grönlandwal
Lage: Kasinostraße 6, 50676 Köln

Mit 100 Metern Länge und 40 Metern Breite ist die Kirche St. Maria im Kapitol die größte der romanischen Kirchen Kölns. Namensgeberin der Basilika ist die heilige Maria, der Zusatz "im Kapitol" gibt Hinweis darauf, dass das Gebäude über den Fundamenten des römischen Kapitoltempels entstanden ist. Unter Kennern feiert man St. Maria im Kapitol als Hauptwerk der salischen Kirchenbaukunst in Deutschland. Als salische Baukunst bezeichnet man die Architektur der entwickelten Romanik, die sich zum Beispiel durch Rundbögen auszeichnet.

Selbst die Reliquien der Heiligen Drei Könige sollen auf dem Weg in den Kölner Dom einen Abstecher nach St. Maria im Kapitol gemacht haben, als sie über den Rhein in die Stadt gebracht wurden. Als Andenken daran findet sich auf der Rückseite der Basilika die "Dreikönigspforte". Viel kurioser allerdings ist die Reliquie "Zint Märjens Repp" – für Nicht-Kölner: "St. Mariens Rippe". Es handelt sich dabei um Knochen – aber Achtung – die nicht von irgendeinem Märtyrer oder Heiligen oder beidem stammen. Nein, die Knochen stammen aus dem Brustkorb und Kiefer eines Wals. Genauer: eines Grönlandwals. Grönlandwale sind knapp 20 Meter lang, leben bis zu 200 Jahre und sind im arktischen Meer zu Hause. Wie der Wal sich in den Rhein verirrt hat, kann man nur raten, und wie er in St. Maria landete, auch. Vielleicht lebte er ja in dem großen Brunnen im frühen St. Gereon – wer weiß?



St. Maria Lyskirchen

Bau: 1210 bis 1220
Keywords: Kleinste der Großen, Schifferkirche, Patrizier
Lage: An Lyskirchen 12, 50676 Köln

St. Maria Lyskirchen ist die kleinste der zwölf großen romanischen Kirchen in Köln und sie ist auch die einzige, die den Zweiten Weltkrieg beinahe unversehrt überstand. So kann man als Besucher noch heute historische Gewölbefresken aus dem 13. Jahrhundert bewundern, auf denen in wilden Decken- und Wandmalereien Szenen aus dem Alten und Neuen Testament zu sehen sind.

Der Name "Lyskirchen" geht vermutlich auf eine Kölner Patrizierfamilie zurück. Die Familie Lyskirchen hatte bis ins 17. Jahrhundert großen Einfluss in Köln, brachte Bürgermeister und Kaufleute hervor und stiftete unter anderem die Kirche, die in der Siedlung Nothausen, außerhalb der römischen Stadtmauer, lag. Und somit wurde auch der ursprüngliche Name"St. Maria in Nothausen" geändert. Erst zu "ecclesia Lisolvyi", später zu "Lisolphi" und "Lisolfiskyrken" (1176) bis hin zu Lysenkyrchen im Jahr 1407.

Trotz dieser Namensvielfalt, die sich im Laufe der Geschichte entwickelte, trägt St. Maria Lyskirchen noch einen weiteren Namen, der nichts mit dem Patriziergeschlecht zu tun hat: Man nennt sie nämlich auch die "Schifferkirche". Denn in der Kirche direkt am Rheinauhafen steht die Figur der Schiffermadonna als Schutzpatronin der Rheinschiffer und schickt ihren Segen Richtung Rhein.



Groß St. Martin

Bau: 1150 bis 1240
Keywords: Römische Sportanlage, Lagerhalle, Ausgrabungsstätte
Lage: Martinstraße 9, 50667 Köln

Groß St. Martin war nicht immer ein so heiliger Ort, wie er heute ist. Nun fester Bestandteil der Kölner Altstadt-Kulisse, lag die Kirche zur Römerzeit noch auf einer Insel im Rhein, auf der ein Bauwerk stand, das zeitweise als Sport- und Schwimmanlage für römische Soldaten genutzt wurde. Später als Lagerhallen für den Warenumschlag am Rheinhafen genutzt, wurde erst viele hundert Jahre später auf dem Fundament der Halle die Basilika Groß St. Martin errichtet.

Erst bei ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg offenbarte die Kirche dieses beeindruckende Stück Geschichte. Obwohl die Kirche nach dem Krieg wieder aufgebaut wurde, ist die Ausgrabungsstätte auch heute noch offen gelegt und zu besichtigen. Hier kann man beispielsweise sehen, dass das Fundament der römischen Lagerhalle nahtlos in das Mauerwerk der heutigen Kirche übergeht. Wo also heute Menschen zum Gebet niederknien, taten dies vor 2000 Jahren die Römer bei ihrem Fitnessprogramm.



St. Pantaleon

Bau: um 1050
Keywords: Theophanu, Napoleon, Pferdestall, Telegrafenstation
Lage: Am Pantaleonsberg 10a, 50676 Köln

Wie auch Groß St. Martin ist die romanische Kirche St. Pantaleon, im Süden der Innenstadt gelegen, nicht immer ein Ort des katholischen Glaubens gewesen. Geweiht wurde die Kirche dem heiligen Pantaleon (das stammt aus dem Griechischen und bedeutet soviel wie All-Erbarmer) und zwei syrischen Brüdern, Cosmas und Damian, die der Legende nach Kranke unentgeltlich behandelten und sie gleichzeitig direkt zum Christentum bekehrten.

Im 10. Jahrhundert machten sich auch die griechische Kaiserin Theophanu und der Onkel ihres Gemahls, Erzbischof Bruno von Köln, um die Kirche verdient. Sie bewirkten die Erweiterung von St. Pantaleon um das Westwerk. Sowohl Theophanu als auch Bruno liegen noch heute in der Kirche begraben.

Bis ins 18. Jahrhundert, als sich die französischen Besatzer in Köln breit machten, diente St. Pantaleon den Benediktinermönchen der Abtei Pantaleon als Abteikirche. Die Kirche war über die Jahre etwas verfallen und wurde von den Franzosen nur noch als Pferdestall genutzt. Napoleon hob schließlich auch die Abtei auf. Als sei dies noch nicht genug gewesen, bewiesen auch die Preußen 1818 Pietätlosigkeit und errichteten in St. Pantaleon einen Festungshof mit Telegrafenstation. Als sie schließlich wieder als Kirche genutzt wurde, war die Basilika zunächst evangelische Garnisonskirche; später wurde sie auch wieder von Katholiken mitbenutzt. Doch erst 1923 wurde sie an die katholische Pfarrgemeinde St. Pantaleon zurückgegeben. Inzwischen sind von Pferdemist und Telegrafen keine Spuren mehr zu sehen und in den kleinen Hofpark um Pantaleon ist wieder Ruhe eingekehrt.



St. Severin

Bau: 900 bis 1300
Keywords: römisch-fränkisches Gräberfeld, Basilica minor
Lage: Im Ferkulum 29, 50678 Köln

Hochgewachsen (mit 72,90 Meter ist sie die zweithöchste der romanischen Kirchen Kölns) und im Zentrum der Kölner Südstadt steht St. Severin. Kaum zu erahnen ist, dass hier, links und rechts der heutigen Severinstraße, die früher als Ausfallstraße nach Bonn diente, einst römisch-fränkische Gräberfelder lagen. Deswegen wurde die Kirche um 300 als Friedhofskapelle gegründet. Erst in den folgenden Jahrhunderten wurde die Kapelle erweitert und verändert und bis 1300 zu St. Severin, wie man sie heute sehen kann. Durch die ständigen Baumaßnahmen an der Kirche wirken heute viele Bauteile gar nicht romanisch, sondern teilweise sogar gotisch.

St. Severin trägt den Namen des dritten Kölner Bischofs, des heiligen Severin. Der hätte sich sicher gefreut, dass eine Kirche unter seinem Namen auch noch eines Tages ausgezeichnet wird. St. Severin darf sich seit 1953 nämlich mit dem Titel "Basilica minor" schmücken. Am 9. März 1953 verlieh Papst Pius XII. der Basilika den Ehrentitel. Der bezweckt, dass zum einen die Bedeutung der Kirche für das Umland hervorgehoben und zum anderen die Bindung der Kirche an den römischen Bischof bestärkt wird. 1640 Kirchen auf der Welt tragen diesen Titel, insbesondere bedeutende Wallfahrtskirchen. Der Titel ist allerdings nur der Freischwimmer unter den Ehrentiteln, die höchste Auszeichnung ist "Basilica maior" und den sechs ranghöchsten römisch-katholischen Gotteshäusern vorbehalten – dafür hat es bei St. Severin nicht gereicht.



St. Ursula

Bau: um 1230
Keywords: Martyrium, Jungfrauen, Kölner Wappen, Schutzpatronin
Lage: Ursulaplatz 24, 50668 Köln

Laut Inschrift wurde die Kirche St. Ursula, ganz in der Nähe des Breslauer Platzes, zu Ehren von jungfräulichen Märtyrerinnen erbaut. Die Verehrung von Jungfrauen war zu dieser Zeit nicht unüblich, die Geschichte der heiligen Ursula schaffte es aber sogar mit elf Flammen ins Kölner Wappen und machte Ursula zur Stadtpatronin Kölns. Und das, obwohl die Legende um die heilige Ursula ziemlich fragwürdig und fehlerhaft erscheint.

Ob Ursula wirklich gelebt hat, kann man heute nicht mehr genau sagen. Der Legende nach lebte sie aber im 4. Jahrhundert n. Chr. als Königstochter in der Bretagne, hatte Jungfräulichkeit gelobt und sich ganz dem Christentum verschrieben. Kurz: Sie führte ein Leben wie eine Nonne. Nun gab es da aber einen heidnischen König aus England, der Ursula mit seinem Sohn verheiraten wollte. Ursula, die hier scheinbar ihre Chance sah, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, willigte mit gekreuzten Fingern in die Ehe ein. Nicht allerdings, ohne diese um drei Jahre zu verschieben und den englischen Prinzen zum Christentum konvertieren zu lassen. Diese drei Jahre nutzte Ursula, um mit elf Begleiterinnen eine Pilgerfahrt anzutreten. Bei einem Stopp in Köln erschien ihr nachts ein Engel. Der riet ihr zum einen, schnell nach Rom zu fahren und verkündete ihr zum anderen, dass sie das Martyrium erleiden, sprich für ihren frommen Glauben sterben würde. Ursula und ihr Gefolge reisten daraufhin nach Rom, landeten aber auf ihrem Rückweg wieder in Köln, wo die Hunnen gerade ihr Unwesen trieben. Der Hunnenfürst fand zwar Gefallen an Ursula, als sie sich ihm jedoch verweigerte, zögerte er nicht und tötete sie – wie der Engel ja schon gesagt hatte. Auch Ursulas elf Begleiterinnen wurden getötet.

Und dann hakt die Geschichtsschreibung etwas. Denn nach dem Tod der Begleiterinnen sollen auf einmal elftausend Engel erschienen sein, welche die Hunnen vertrieben. Ob sich die elf Jungfrauen vertausendfacht haben, Ursula eigentlich mit einer Armee von Jungfrauen unterwegs war oder diese Übertreibung auf eine historische Stille-Post zurückzuführen ist, weiß man nicht. Aber die Stadt Köln hat sich für elf statt elftausend entschieden, das passt außerdem platztechnisch besser ins Stadt-Wappen und zur Karnevalsobsession der Kölner.

Wer auch immer also diese Ursula war und was vor über 1500 Jahren genau in Köln passiert ist – wer sie sich einmal anschauen will, findet in der ihr gewidmeten Kirche eine Statue, auf der Ursula mit ihren Begleiterinnen zu sehen ist.

Fotografien: Marie Neuhalfen | Bildrechte: Stadtportal koeln.de


Autorin: Marie Neuhalfen

Comedia Theater Wo früher Feuerwehrmänner allzeit bereit waren, kann man heute nicht nur fein speisen, sondern auch ein breites Theaterprogramm genießen. Das Comedia Theater ist für Marie ein Paradebeispiel für Denkmal-Wiederverwertung. Und Recyceln ist ja immer gut.