DENK(MAL) TO THE FUTURE

Besucher der schönsten Stadt am Rhein werden von einer zauberhaften Skyline begrüßt: Zu deren Highlights gehören die Domspitzen, die Hohenzollernbrücke, der Fernsehturm "Colonius" und die 2010 fertiggestellten Kranhäuser. Zwei der vier erwähnten Bauten sind bereits denkmalgeschützt. Warum ist es der "Colonius" trotz seines Wahrzeichenstatus nicht? Und schaffen es die Kranhäuser am Rheinauhafen jemals in die Kölner Denkmalliste? Antworten auf diese und viele weitere Fragen kennt der Denkmalpfleger Dr. Thomas Otten.

Die Denkmalliste der Stadt Köln umfasst zurzeit 8.648 Baudenkmäler, 484 Bodendenkmäler und sieben bewegliche Denkmäler. Die Meisten wurden bereits Anfang der 80er Jahre eingetragen, weil das im Jahr 1980 in Kraft getretene nordrhein-westfälische Denkmalschutzgesetz eine systematische Erfassung aller Denkmäler in einer Denkmalliste verlangte. Somit kommt nun jährlich nur noch eine sehr geringe Anzahl neuer Eintragungen hinzu – egal ob ältere oder jüngere Bauten. Welche neueren Kölner Bauten könnten in der Zukunft denkmalschutzwürdig sein? Dr. Thomas Otten, Denkmalpfleger, Archäologe und Referatsleiter bei der Obersten Denkmalbehörde des Landes Nordrhein-Westfalen, wagt eine vorsichtige Prognose.

Nach der obligatorischen Dom-Besichtigung besuchen die meisten Touristen das Schokoladenmuseum am Rhein. Nicht weit davon entfernt – an der Halbinsel am Yachthafen – zieren seit Oktober 2010 die drei Kranhäuser der Architekten Hadi Teherani und Alfons Lister den Rheinauhafen. Das Kranhaus 1, das Kranhausplus und das Kranhaus Nord stehen mit ihrer modernen Architektur ganz bewusst im "spannungsreichen Kontrast zu den benachbarten historischen ehemaligen Hafengebäuden, die unter Denkmalschutz stehen", so die RVG Rheinauhafen Verwaltungsgesellschaft auf ihrer Website. Ob diese drei 60 Meter hohen gläsernen, umgedrehten "Ls" wohl auch das Potenzial haben, einmal Denkmal zu werden?

Rheinbrücke
Denkmal der Zukunft? Die Kranhäuser am Rheinauhafen. Foto: Désirée Hackbart

Gläsernes Denkmal?

Aus Ottens Sicht haben die Kranhäuser sehr großes Potenzial, in die Denkmalliste eingetragen zu werden. Denn nach § 2 des Denkmalschutzgesetzes NRW muss "ein öffentliches Interesse" an der Erhaltung einer Sache bestehen, damit sie Denkmal werden kann. Ein öffentliches Interesse wiederum besteht laut Gesetz, "wenn die Sachen bedeutend für die Geschichte des Menschen, für Städte und Siedlungen oder für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse sind und für die Erhaltung und Nutzung künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche oder städtebauliche Gründe vorliegen". Dieses öffentliche Interesse ist nach Meinung von Denkmalpfleger Otten bei den Kranhäusern definitiv gegeben: "Die Kranhäuser sind zum einen Teil einer städtebaulichen Gesamtplanung und Entwicklung an einem besonders prominenten und raumwirksamen Teil der Stadt. Zum anderen haben sie durch die bauliche Reminiszenz an die Geschichtlichkeit des Ortes eben als Hafen und Güterumschlagplatz auch eine besondere geschichtliche Bedeutung."

Gut Denkmalschutz will Weile haben

Die Denkmalpflege lässt sich normalerweise mindestens eine Generation lang Zeit, bevor sie über die Eintragung in die Denkmalliste entscheidet. Diese Wartezeit hat einen guten Grund: Man muss sich nämlich wissenschaftlich erst einmal mit dem Denkmal beziehungsweise der Denkmalgattung beschäftigen, um seine geschichtliche, architekturgeschichtliche, sozialhistorische oder städtebauliche Bedeutung wirklich vernünftig beurteilen zu können. "Zudem ist die Denkmalpflege natürlich auch eine vergleichende Disziplin, die ein potenzielles Denkmal immer in den Kontext setzt und sich in Bezug auf zeitgleiche und typgleiche Bauten Bewertungsgrundlagen erarbeitet", begründet der Denkmalpfleger diese Wartezeiten.

Die Frage nach zukünftigen Denkmälern findet Otten schwierig zu beantworten. "Tendenziell", sagt er, "neigt man dazu, den Gebäuden des öffentlichen und sakralen Bereichs eher Denkmalqualität zuzusprechen als denen des privaten und privatwirtschaftlichen Bauens, insbesondere wenn man sich die Qualität der neu entstehenden Architektur der letzten Jahre vor Augen führt."

Denkbare Denkmäler

Ein junges Gebäude, das aus Sicht des Denkmalpflegers bereits Denkmalqualität aufweist, ist die Kirche St. Theodor in Vingst. Diese wurde, bis auf ihren Turm aus dem Jahre 1955, komplett abgerissen. 1997 gewann Paul Böhms Entwurf die anonymisierte Ausschreibung zur Neuerrichtung. So entstand nach Spatenstich im März 1999 innerhalb von zwei Jahren Bauzeit ein zylinderförmiger Bau aus sandgestrahltem Leichtbeton, der den alten, quadratischen Turm perfekt in das moderne Gebäude einbindet. Innen wie außen wurde bei dem Bau auf jeglichen Schnickschnack verzichtet. Neben Beton wurden lediglich weitgehend unbehandeltes Holz, brüniertes Kupfer, Eisen und Glas verwendet. Materialien, die gewollt mit der Zeit äußerliche Veränderungen aufweisen.

St. Theodor
Kirche St. Theodor Foto: Désirée Hackbart

"Auch über die Ditib-Moschee wird man wegen ihrer stadtgeschichtlichen und sakralen Bedeutung einmal urteilen müssen", findet der Archäologe. An der Inneren Kanalstraße trifft traditionelle Baukultur auf moderne: Beton, Stahl, Glas und Holz bilden den Kuppelbau mit zwei Minaretten, entworfen von Architekt Paul Böhm und seinem Vater Gottfried. Dieser Entwurf ging ebenfalls aus einem Architektenwettbewerb hervor, dessen Ziel es war, "ein würdiges Gemeindezentrum zu schaffen, das sich in das Kölner Stadtbild und die örtliche Bebauung einfügt." Der Innenausbau der Moschee ist zwar heute noch im vollem Gange, Teile des Gebäudes werden dennoch seit 2013 zum Beten genutzt.

Auch das 2010 neu eröffnete Rautenstrauch-Joest-Museum am Neumarkt könnte es nach Meinung des promovierten Archäologen in die Denkmalliste schaffen. "Museumsgebäude sind auch Kandidaten, da sie wie Kirchenbauten immer mehr oder weniger gelungene, exzeptionelle Architekturentwürfe mit stadträumlicher Wirkung umsetzen und in der Regel ein Ergebnis von Wettbewerben sind."

Und was ist nun mit dem Fernsehturm?

Nach Ottens Auffassung ist der Fernsehturm "sicher eine Marke und prägt das Stadtbild". Ob er allerdings baugeschichtlich bedeutend sei oder für die Ehrenfelder oder gar für alle Kölner als Identifikationspunkt tauge, wagt er zu bezweifeln. Der "Colonius" hat nach seiner Auffassung "wohl am ehesten als technikgeschichtliches Denkmal eine Chance, aber das sehen andere Denkmalpfleger eventuell auch differenzierter".

Na gut. Der Fernsehturm selbst wird es wohl nicht in die Denkmalliste schaffen. Zu Kölns Skyline könnte aber zumindest mit den Kranhäusern am Rheinauhafen irgendwann ein weiteres Denkmal zählen.

Wenn ihr euch dafür interessiert, welche Eigenschaften ein Gebäude explizit aufweisen muss, um tatsächlich ein Denkmal zu werden, und wie sich der Vorgang bis zur endgültigen Eintragung in die Denkmalliste der Bundesländer gestaltet, könnt ihr hier weiterlesen!


AUTORIN: DÉSIRÉE HACKBART

Désirée denkt(mal) to the Future. Deshalb steht sie hier auch vor einem potenziellen Denkmal der Zukunft: der Kirche St. Theodor in Vingst. Leider noch ohne Hoverboard.