Interview mit Dr. Thomas Otten

Was macht ein Denkmal zum Denkmal? Gibt es Kriterien zum Alter oder der Beschaffenheit?

Dr. Thomas Otten:

Das Alter spielt laut Gesetz im Prinzip keine Rolle. Der Gesetzgeber hat bewusst darauf verzichtet, eine Mindestaltersgrenze vorzuschreiben, ab der ein Gebäude erst Denkmal sein kann. Außerdem gibt es im Gesetz keinen selektiven Denkmalschutz, d. h. man stellt nicht nur eine romanische Kirche stellvertretend für alle anderen unter Schutz, genauso wenig beschränkt man sich auf eine römische Villa Rustica, auf eine Zechensiedlung des 19. Jahrhunderts oder eine Nachkriegskirche vom Zentralbautypus. Allerdings muss jedes potentielle Denkmal, das innerhalb der Verfahren zur Unterschutzstellung auf seine Denkmaleigenschaft überprüft wird, hinsichtlich der Qualität der Überlieferung, der Authentizität und Erhaltung der Originalsubstanz einen strengen Anforderungskatalog durchlaufen.

Wie gestaltet sich der Vorgang, bis ein Gebäude unter Denkmalschutz gestellt wird?

Dr. Thomas Otten:

Gebäude werden mit der Eintragung in die Denkmalliste zum Denkmal. Die Denkmallisten werden von den Unteren Denkmalbehörden bei den Gemeinden und Städten geführt, diese sind auch zuständig für die Eintragung. Die Eintragung erfolgt immer auf Grundlage einer gutachterlichen Einschätzung des Gebäudes mit Denkmalwertbegründung. Initiativ werden können die Unteren Denkmalbehörden selbst, die Eigentümer oder die Landschaftsverbände, bei denen die Denkmalpflegeämter firmieren. Die meisten Initiativen zur Unterschutzstellung gehen von einem Gutachten des Landschaftsverbandes aus, weil dort in den Denkmalpflegeämtern der denkmalpflegerische bzw. wissenschaftliche Sachverstand gebündelt ist. Einige größere Untere Denkmalbehörden sind vergleichbar gut fachlich aufgestellt. Die Eintragung erfolgt immer im Benehmen mit den Landschaftsverbänden, d. h. diese werden über die beabsichtigte Eintragung in Kenntnis gesetzt und die fachlichen Gründe werden zwischen den beteiligten Institutionen möglichst konsensual ausgetauscht. Für diese Benehmensherstellung gilt nach § 21 Abs. 4 des Denkmalschutzgesetzes NRW eine Frist von drei Monaten.

Und wenn sich diese mal nicht einig sind?

Dr. Thomas Otten:

In streitigen Fällen zwischen Unteren Denkmalbehörden und Denkmalpflegeämter können letztere den Minister als Oberste Denkmalbehörde anrufen und um Entscheidung bitten. Dies kommt insbesondere dann vor, wenn das Denkmalpflegeamt die Gemeinde zur Eintragung eines Denkmals auffordert und diese aus aus ihrer Sicht sachfremden Gründen die Eintragung nicht vollzieht. In Einzelfällen gibt es eben grundsätzlich divergierende Meinungen über die Denkmaleigenschaft von Gebäuden oder auch Bodendenkmälern, dabei können natürlich auch wirtschaftliche Zwänge und Interessen eine Rolle spielen. Auch bei der Genehmigung von Umbauten/Teilabrissen oder Abrissbegehren von Denkmälern kann es zu solchen Ministeranrufungen kommen.

Zur Person: Dr. Thomas Otten ist Denkmalpfleger, promovierter Archäologe und Referatsleiter bei der Obersten Denkmalbehörde des Landes Nordrhein-Westfalen.