Uni-Hörsaalgebäude: Wenn Denkmalschutz das Denkmal nicht schützt

Die Stadt Köln hat viele Denkmäler, darunter auch solche, bei denen man kaum vermuten würde, dass es sich hierbei um welche handelt. Auch das Hörsaalgebäude der Universität zu Köln ist wohl nicht aus rein ästhetischen Gründen unter Denkmalschutz gestellt worden. Schützenswert oder nicht, das ist hier die Frage. Eine, die sich wohl nicht eindeutig beantworten lässt und bei welcher die Meinungen weit auseinander gehen.

Das Hörsaalgebäude besteht aus acht Hörsälen, darunter zwei große Säle mit Platz für über 1000 Studenten. Über ein System von Treppen, Stegen und Geschossebenen sind die Säle miteinander verbunden. Die Eingangshalle ist offen und großzügig und wird von einer frei tragenden Faltwerkkonstruktion überspannt. Beton, Glas und Granitböden dominieren das Bild des Gebäudes.

Dennoch ist das Bauwerk der Universität zu Köln nicht gerade das, was man aus heutiger Sicht als schönes Gebäude bezeichnen würde. Aber Schönheit ist kein ausschlaggebendes Kriterium, um ein Gebäude unter Denkmalschutz zu stellen, und Schönheit liegt bekanntermaßen immer im Auge des Betrachters. Laut Denkmalschutzgesetz ist das öffentliche Interesse am Erhalt des Gebäudes ein ausschlaggebendes Kriterium für den Schutz. Dieses Interesse besteht beispielsweise, wenn das Bauwerk bedeutsam für die Geschichte der Menschen oder auch für Städte oder Siedlungen ist. Allein in Nordrhein-Westfalen gibt es mehrere Zehntausend Baudenkmäler und bei nicht allen ist nachvollziehbar – warum überhaupt? Neben den typischen Denkmälern wie barocken Kirchen, Schlössern oder Jugendstil-Häusern werden häufig auch moderne Bauwerke der 1960er Jahre unter Denkmalschutz gestellt.

Das Hörsaalgebäude der Universität steht seit 2013 unter Schutz. Dem Gebäudemanager Kurt T. ist das Bauwerk in all den Jahren seiner Arbeit sehr ans Herz gewachsen und er kennt sowohl die schönen Seiten als auch die Schwachstellen des Gebäudes.

Baumängel soweit das Auge reicht

Auch wenn das Gebäude in die Jahre gekommen ist, erkennt man, wie modern und außergewöhnlich es einst gewesen sein muss. Der Architekt des Hörsaalgebäudes, Rolf Gutbrod, gewann mit seinen Bauten bereits diverse Preise. „Damals, Mitte der 60er, war das alles hochmodern“, weiß Kurt T., „es gab sogar schon eine Fußbodenheizung.“ Auch der geflieste Granitboden in geografischen Mustern, die große Terrasse und der begrünte Übergang zur Bibliothek müssen den Studenten der Universität einmal gut gefallen haben. Doch vom einstigen Glanz des Gebäudes ist wenig übrig geblieben. Die baulichen Mängel sind nicht mehr zu übersehen.

„Das Ensemble ist qualitativ hochwertig gestaltet, es ist fast eine begehbare Skulptur“, erklärte der damalige Stadtkonservator Thomas Werner im August 2013, als das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt wurde. Kurt T. hat dieser Schritt bisher nur Ärger und Arbeit eingebracht. „An der Farbe darf nichts geändert werden, Kernbohrungen sind verboten und selbst kleinste Schönheitsreparaturen sind nicht so einfach“, so der Gebäudemanager. „Über viele Instanzen muss jede Kleinigkeit genehmigt werden und meistens gibt es dann doch Absagen.“

Die beantragten Reparaturen hätte das Gebäude dringend nötig. Überall finden sich Spannungsrisse. Um den Fortschritt der Bewegungen zu überprüfen, wurden vor etwa zwei Jahren alle Risse mit einem Gips-Punkt gefüllt, um zu überprüfen, wie weit sich diese noch ausdehnen. Kaum einer der Punkte ist bisher nicht gerissen. „Das Haus arbeitet, der Komplex hat sein Gewicht und sein Alter auf dem Buckel“, begründet dies der Gebäudemanager. Er weiß aber auch: „Das kann schon irgendwann gefährlich werden“.

Die Studenten fühlen sich nicht wohl

Auch die Studenten bemerken, dass das Gebäude schon längst nicht mehr allen Belastungen Stand hält. Außerdem fühlen sich heute die Meisten von ihnen in den damals modernen Hörsälen ganz ohne Fenstern unwohl. „Im Hörsaalgebäude sitzt man wie in einem Bunker. Es ist ein dunkler, kalter Betonklotz“, findet Master-Studentin Laura. Auch Kommilitone Leonard findet die Lernatmosphäre nicht gut. „In fast jeder Stuhlreihe fehlt irgendwo ein Tisch, oder ein Stuhl ist kaputt. Saniert werden müsste hier mal überall.“

Thomas van Nies vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz (RVDL) weiß, dass Gebäude der 1960er Jahre, wie es das Hörsaalgebäude ist, „herausragende bauliche Zeugnisse von hoher architektonischer Qualität“ sind. Dennoch sieht auch van Nies dringenden Sanierungsbedarf. Die Pläne zu diesen umfassenden Maßnahmen sind bereits seit langer Zeit gefasst. Weit über ein Jahr laufen die Anträge zur Sanierung der Außenfassade, sogar ein Gerüst steht bereits. Was fehlt, ist die Genehmigung. „Hier steht uns der Denkmalschutz nur im Weg“, beklagt der Gebäudemanager Kurt T., und auch die Studenten wundern sich. „Das Gerüst steht hier schon ewig, ich weiß gar nicht, seit wann genau, aber ich habe nie jemanden arbeiten sehen“, so Student Leonard.

Wenn selbst der Gebäudemanger sich „Sorgen macht, dass sich irgendwann mal eine große Betonplatte von der Decke löst“, scheint das Hörsaalgebäude besonders eines nötig zu haben: schnelle und gründliche Sanierungen! Doch scheinbar steht ausgerechnet hier der Denkmalschutz diesen wichtigen Maßnahmen im Weg.


AUTORIN: SARINA WÖRMANN

Sarina hat sich im Hörsaalgebäude der Uni Köln fotografiert, weil es eines der umstrittensten Denkmäler der Stadt ist. Es ist nicht schön, vielleicht auch nicht sinnvoll, aber doch ein Stück Geschichte.