Leben in der Seele von Köln – Denkmalgeschützter Wohnraum und seine Probleme

Wohnen im Altbau, Wohnen im Denkmal. Das hat nach Ansicht manches Hausbesitzers hohe Lebensqualität. Um jedoch Wohnraum in denkmalgeschützten Häusern nach modernen Standards zu ermöglichen, sind Restaurierungen und Umbauten notwendig. Über jede dieser Maßnahmen muss die Kölner Denkmalbehörde informiert werden – doch das ist nicht immer im Sinne der Hausbesitzer.

Der Holzdielenboden knirscht, wenn Christoph Mirkel (Name geändert) über die Türschwelle der Wohnung tritt. Sicherlich kann der Mieter unter ihm seine Schritte hören. Über seinem Kopf ist Platz nach oben, viel Platz. 3,30 Meter Deckenhöhe, für Christoph Mirkel ein Stück Lebensqualität. An den Wänden und an der Decke ragt Stuck heraus, er erzählt Geschichten - zum Teil ist er über ein Jahrhundert alt.

Es sind Wohnungen wie diese, die Christoph Mirkel dazu bewegt haben, in denkmalgeschützte Wohnungen und Häuser zu investieren und diese nachhaltig zu restaurieren. Seit vielen Jahren ist er im Geschäft, hat im Bezirk Ehrenfeld bereits um die 20 Wohnungen in sieben Objekten „weiter gebracht“, wie er es selbst ausdrückt. „Ich bin Kölner und hier habe ich das Gefühl, dass ich nachhaltig was bewirken kann. Wenn ich tot bin, stehen die Häuser ja immer noch. Man setzt ein Zeichen“, so Mirkel. Er will ein Stück Köln bewahren, kauft Häuser mit Charakter, alle aus der Gründerzeit. Das Älteste stammt aus dem Jahr 1897. „Es geht um Denkmäler, die den Charme von Köln ausmachen. Diese sollen in 100 Jahren auch noch da sein“, schwärmt der Hausbesitzer.

Und dennoch fühlt er sich vom Denkmalschutz in Köln nicht immer verstanden. Jeder Umbau, jede Änderung muss nach den Bestimmungen des nordrhein-westfälischen Denkmalschutzgesetzes mit dem zuständigen Stadtkonservator besprochen und von diesem abgesegnet werden. Die Denkmalbehörde muss dem Vorhaben des Hausbesitzers zustimmen – doch das funktioniert nicht immer so, wie dieser es möchte. Christoph Mirkel ist der Ansicht, dass der Denkmalschutz unter Hausbesitzern einen eher negativen Ruf hat. Er hat das Gefühl, dass zu viele Ideen einer Restaurierung oder eines Umbaus zu schnell abgelehnt werden. Viele Leute versuchten deshalb zu vermeiden, den zuständigen Stadtkonservator für eine Maßnahme zu kontaktieren, so Mirkel. „Es ist eben in vielen Fällen nicht ein Miteinander, sondern ein Gegeneinander, weil der 'Denkmalschützer' diktiert. Es ist wahnsinnig anstrengend, sich mit den Behörden auseinanderzusetzen“, beklagt er.

Eigentümer und Stadtkonservatoren sind nicht immer einer Meinung

Dr. Walter Geis war 25 Jahre als praktischer Denkmalpfleger in Köln tätig, hat unter anderem die Stadtteile Nippes, Ehrenfeld sowie Neustadt Nord und Süd betreut. Konflikte mit den Eigentümern hat er nur wenige erlebt: „Ich habe bisher eher die Erfahrung gemacht, dass die Eigentümer für Hinweise, wie man mit einem Gebäude umgeht, dankbar sind. So können beispielsweise durch das Streichen mit Dispersionsfarbe am Baudenkmal Schäden entstehen. Viele Eigentümer wissen das gar nicht“, berichtet der ehemalige Stadtkonservator.

Doch auch die Denkmalpfleger wissen manche Dinge nicht. So wird nicht jede Maßnahme dem Amt für Denkmalschutz gemeldet - das hat seine Gründe: „Es geht oft um den steuerlichen Vorteil. Wenn man eine Etagenwohnung umbaut, dann bekommt das ja keiner mit. Wenn man diese Maßnahmen dann direkt absetzen kann, versucht man natürlich zu vermeiden die Denkmalbehörde zu informieren. Das ist einfach nur anstrengend und nervig“, gibt Christoph Mirkel zu.

Anders sieht der Hausbesitzer das jedoch bei einem Dachausbau. Diesen würde Mirkel nicht ohne eine Genehmigung des zuständigen Denkmalpflegers in Auftrag geben, weil man einen Dachausbau nicht einfach heimlich durchführen lassen kann. Hier wird aber besonders stark reglementiert. „Da lässt die Denkmalbehörde nicht sehr viel zu, weil sie die Strukturen des Hauses erhalten wollen“, sagt der Hausbesitzer. Auch der ehemalige Stadtkonservator Dr. Geis weiß, dass vor allem Maßnahmen, die das Dach betreffen, eher abgelehnt werden können: „Wenn das Dach ein wesentlicher Bestandteil des Denkmalschutzes ist, dann kann es sein, dass diese Idee abgelehnt wird, auch wenn die Gegebenheiten einen Umbau eigentlich zulassen würden. Das sind aber theoretische Fälle.“ Wer sich dem Reglement der Stadt dennoch widersetzt oder Maßnahmen ohne Absprachen durchführen lässt, der muss mit einer Geldstrafe rechnen. Im schlimmsten Fall kann sogar ein Rückbau die Folge sein.

Eine Modernisierung der sanitären Anlagen, der Wasserleitungen oder der Elektrik wird hingegen gerne gesehen, meint der ehemalige Denkmalpfleger. „Wenn ein Haus nicht bewohnbar ist, weil die Leitungen nicht funktionsfähig sind, dann ist es auf Dauer dem Verfall ausgesetzt. Und das ist nicht im Interesse der Denkmalpflege.“ Sowohl Stadtkonservatoren als auch Hausbesitzer sollten beide nur ein Ziel haben: „Die Stadt hat Zeugnisse ihrer Geschichte. Diese müssen erhalten werden, denn das macht das Flair eines Stadtteils aus, damit identifizieren sich die Menschen. Ohne die Denkmäler ist eine Stadt seelen- und geschichtslos.“, sagt Dr. Walter Geis.

Wichtig sind die Menschen

Vor allem für die Menschen, die in einem denkmalgeschützten Haus wohnen, fühlt sich der Eigentümer und Vermieter Christoph Mirkel verantwortlich. Bevor er ein neu erworbenes Haus restauriert, ist sein erster Schritt, die Menschen in den Häusern zu kontaktieren. Mirkel möchte herausfinden, wie er auch die Mieter mit einer Veränderung glücklich machen kann; denn sie sind meist verunsichert, wenn der Eigentümer wechselt. „Unglückliche Mieter sind nicht gut für den Spirit des Hauses“, so Mirkel. Im zweiten Schritt spricht der Eigentümer seine Ideen mit einem Architekten ab, erst danach wird schließlich der zuständige Denkmalpfleger kontaktiert. Letzteres ist ein Aufwand, den die Eigentümer betreiben müssen.

Dies stört Christoph Mirkel nicht, trotzdem fühlt er sich vom Denkmalschutz teilweise missverstanden. „Ich dachte am Anfang eigentlich, dass ein gemeinsames Interesse daran besteht, ein Haus zu erhalten. Aber der Denkmalschutz eröffnet mir keine Perspektiven mehr“, sagt Mirkel. Stattdessen wünscht er sich, dass die Denkmalpfleger zukünftig keine Angst mehr vor Präzedenzfällen haben. „Die haben unheimlich Angst, sich aus dem Fenster zu lehnen und bestimmte Maßnahmen wie beispielsweise einen Balkonanbau anzunehmen“, so der Hausbesitzer. So soll unter anderem verhindert werden, dass weitere Anträge ähnlicher Art eingereicht werden und die Denkmalbehörde vielen Hauseigentümern eine Absage erteilen muss. „In manchen Fällen geht es dann aber auch einfach nicht“, so Mirkel. Helfen könnte in solch einer Angelegenheit vielleicht „mehr Mut“.


AUTORIN: KATHARINA SCHÄFGEN

Wenn ein Denkmal für Selfies gemacht wurde, dann dieses. Katharina liebt Willy Millowitsch, weil er an kölsche Kultur erinnert. Außerdem ist er ein ebenso dankbarer wie geduldiger Fotopartner.