Siedlung "Blauer Hof": Ein Denkmal mit Bolzplatz

Mehr bezahlbarer Wohnraum in der Stadt – die 20er Jahre waren das Jahrzehnt der Siedlungen: praxisnah, einfach, kindgerecht. Heute oft verkommen, abgenutzt, alt. Hinter brüchigen Fassaden versteckt sich aber noch immer die Genialität ihrer Architekten. Die Geschichte der Kölner Siedlung "Blauer Hof".

Blau und weiß getünchte Häuser, Reihe an Reihe umsäumen sie eine große parkähnliche Fläche. Darauf ein Spielplatz mit Klettergerüst und Schaukel, Sitzbänke im Schatten junger Bäume und in der Mitte das, worauf alle Kinder stolz sind: ein richtiger Bolzplatz!

Seit 1927 gibt es den sogar schon. Ebenso die dazugehörige Siedlung "Blauer Hof". Denkt man an Siedlungen, so sehen die Meisten eher notdürftige, heruntergekommene Wohnhausanlagen für arme Leute vor sich. Und richtig, oft trifft man damit ins Schwarze. "Der Blaue Hof war ein schändlich heruntergekommenes Wohngebiet", erinnert sich Marianne Arndt, Vorsitzende des Bürgervereins "Schönes Buchforst". Nach dem Bau in den 20er Jahren wurde jahrzehntelang nichts mehr daran gemacht, es fehlten Heizungen und Wärmedämmungen, der Innenhof wirkte kläglich ungepflegt und verlassen.

Bezahlbare Wohnungen im Grünen

Fast ein bisschen traurig, da einer der bedeutendsten Kölner Architekten des zwanzigsten Jahrhunderts seine Hände und auch sein Köpfchen im Spiel hatte. Wilhelm Riphahn, der vor allem für den Kölner Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg verantwortlich war, plante in den 20er Jahren hauptsächlich für die Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft (GAG) bezahlbare, ruhige Wohnungen im Grünen für kinderreiche und einkommensschwache Familien. Das Resultat waren Siedlungen wie der "Grüne Hof", die "Weiße Stadt" oder eben der "Blaue Hof". Letzterer war vor allem gedacht für Bewohner, deren Wohnungen dem Bau der Mülheimer Brücke weichen mussten. Alle diese Bauten hatten eines gemeinsam: Sie waren praxisnah, einfach – vielleicht sogar ein wenig "unspektakulär", aber ein Fortschritt des sozialen Wohnungsbaus. Und deshalb sind sie heute auch denkmalgeschützt: "Alle von der GAG in den 1920er Jahren gebauten Siedlungen stehen wegen ihrer städtebaulichen und architektonischen Qualität, aber auch als Zeugnisse der Wirtschafts- und Sozialpolitik der Weimarer Zeit, unter Denkmalschutz", begründet dies die GAG selbst auf ihrer Website.

Das Problem am Denkmalschutz ist, dass eine Renovierung immer mit einem Behördengang einhergeht. "Bei Veränderungsabsichten ist eine Erlaubnis durch die Untere Denkmalbehörde erforderlich, die wiederum mit dem Amt für Denkmalpflege beim Landschaftsverband Rheinland in Kontakt tritt, bevor sie eine Entscheidung trifft", steht es auf der Website des LVR (Landschaftsverband Rheinland)-Amts für Denkmalpflege. Außerdem ist eine denkmalgeschützte Siedlung ja ein zusammenhängendes Objekt, dessen Charakter sich durch einen Umbau nicht vollkommen verändern darf. So schlich sich nach und nach der Zerfall ein und der "Blaue Hof" machte dem Ruf einer Siedlung alle Ehre.

Sanierung mit Bürgerbeteiligung

Im Jahr 2005 kam dann die Erlösung: Die GAG entschloss sich, die Wohnanlage komplett zu sanieren. Das Besondere daran war, dass dies mit Bürgerbeteiligung geschah. "Wir hatten damals die Bevölkerung nach ihren Wünschen und Ideen gefragt, vor allem aber die Vorstellungen der Kinder und Jugendlichen ernst genommen", erzählt Marianne Arndt. Die Sanierung des Innenhofes war für die jüngeren Bewohner von herausragender Wichtigkeit – und natürlich sollte der Bolzplatz erhalten und erneuert werden. "Ein Architekt setzte sich mit einer Gruppe von Kindern und Jugendlichen zusammen und nahm sich ihre Anmerkungen zu Herzen", so Arndt.

Im Frühling 2010 wurden die Sanierungsarbeiten beendet und der "Blaue Hof" erstrahlt seitdem wieder in neuem Glanz. Wieso aber wurde so lange mit den so bitter nötigen Arbeiten gewartet? "Im Endeffekt bin ich froh, dass der Umbau erst vor ein paar Jahren geschah. Hätten die das schon früher gemacht, wäre es bestimmt lange nicht so schön geworden", gesteht Marianne Arndt. Doch etwas habe sich geändert: "Die Mietpreise sind seitdem nicht mehr ganz so günstig."

Von erschwinglichem Wohnraum zum städtischen Vorzeigeobjekt

Mittlerweile sind – oder werden – alle der GAG angehörigen Siedlungen aus den 20er Jahren saniert und die Mietpreise dadurch erhöht. Schuld daran sind neben den Vorgaben des Denkmalschutzes auch moderne ökologische Auflagen. Diese sollten immerhin für Entlastungen bei den Nebenkosten sorgen. Doch aufgrund der steigenden Energiekosten blieben diese meistens aus. Zwar gelang der GAG die Verwandlung von einstigen Baracken zu städtischen Vorzeigeobjekten, für die einkommensschwächere Bevölkerungsschicht sind die Siedlungen aber nun oft nicht mehr bezahlbar.

Und trotzdem befürwortet die Vorsitzende des Bürgervereins "Schönes Buchforst" diese Entscheidung: "Die Generalsanierung war mehr als notwendig und jetzt kann man auch wieder Riphahns Genialität sehen und schätzen. Die Wohnungen sind lichtdurchflutet und vernünftig, der Innenhof schenkt Kindern Platz zum Austoben." Bolzplatz sei Dank!


AUTORIN: HANNAH DÖTTLING

Hannah kann das Ursula-Kloster täglich stundenlang von ihrem Zimmerfenster aus betrachten. Seit sie von der Legende der heiligen Ursula von Köln erfahren hat, macht sie das sogar noch lieber.