SOZIALES JAHR IN DER DENKMALPFLEGE: ALTE STEINE - JUNGE LEUTE

Denkmalpflege ist langweilig? Von wegen! Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz zeigt, dass alte Steine auch ein Thema für junge Leute sein können. Und zwar mit einem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) in diesem Bereich. Zwölf Monate lang arbeiten junge Menschen beispielsweise in Handwerksbetrieben, Restaurierungswerkstätten oder Architekturbüros. Mittlerweile gibt es 13 Jugendbauhütten bundesweit, die Jugendliche zu Einsatzstellen vermitteln. Auch in Köln kann man ein FSJ im Denkmalschutz machen.

Junge Leute und das Interesse an wurmstichigem Holz oder vermoosten alten Steinen – passt das überhaupt zusammen? Ja, das passt. Wer denkt, dass nur eine Handvoll junger Menschen sich freiwillig im Bereich Denkmalschutz engagieren, liegt falsch. "Uns erreichen wirklich sehr viele Anfragen, obwohl wir gar nicht so bekannt sind", berichtet Bernhard Anzalone, Leiter der Jugendbauhütte in Soest. Das Projekt "Jugendbauhütte" wurde von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz in Trägerschaft mit den Internationalen Jugendgemeinschaftsdiensten ins Leben gerufen. Anzalone ist verantwortlich für die Jugendbauhütte in Soest, die 2007 gegründet wurde und Einsatzstellen in Westfalen anbietet. Ein Büro in Duisburg vermittelt seit dem Jahr 2002 junge Leute zu Stellen im Rheinland. Anzalone weiß auch, von welcher Zielgruppe die Bewerbungen eingereicht werden: "Es sind größtenteils Menschen mit Abitur, die ihr Steckenpferd im Bereich Kunst oder Geschichte haben. Aber auch Leute, die einfach nur handwerklich interessiert sind, lassen uns etwas zukommen."

Claudia Urban
Claudia Urban bei ihrer Lieblingsaufgabe, dem Restaurieren von Figuren. Foto: Privat

Doch nichtsdestotrotz wird Denkmalschutz nicht auf Anhieb mit jungen Leuten in Verbindung gebracht. "Deshalb sind Jugendbauhütten besonders wichtig", findet Anzalone. In einer solchen Einrichtung fängt man als Jugendlicher allerdings nicht sofort an zu werkeln: "Eine Jugendbauhütte ist erst mal nur ein Büro, von dem die freiwillige Tätigkeit organisiert wird", erklärt er. "Die Dauer des Einsatzes beträgt ein Jahr. Bewerben können sich alle Interessierten, die die Schulpflicht erfüllt haben und nicht älter als 28 Jahre sind."

Deutsche Stiftung Denkmalschutz: Eine Bürgerinitiative setzt sich ein

Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz ist eine 1985 gegründete private Initiative, die sich die Bewahrung von Kulturdenkmälern zur Aufgabe gemacht hat. Die Stiftung hat ihren Sitz in Bonn und möchte neben der Förderung des Denkmalerhalts vor allem Menschen auf die Notwendigkeit der Pflege denkmalgeschützter Objekte aufmerksam machen und zur aktiven Mithilfe bewegen. Im Jahr 1999 wurde die erste Jugendbauhütte in Quedlinburg gegründet. Mittlerweile gibt es in sieben Bundesländern insgesamt 13 Jugendbauhütten, zwei davon in NRW. Jede Jugendbauhütte bietet jährlich circa 20 jungen Menschen die Möglichkeit, sich freiwillig im Bereich der Denkmalpflege zu engagieren. Dies ist entweder in einem Freiwilligen Sozialen Jahr oder im Bundesfreiwilligendienst möglich. In den letzten Jahren konnten viele fast verloren geglaubte Kulturschätze in ganz Deutschland bewahrt werden. Das ist nicht zuletzt jungen Menschen zu verdanken, die sich für die Denkmalpflege einsetzen.

Mehr Einsatzstellen für Köln

In den verschiedenen Einsatzstellen ist man sehr erfolgreich, junge Leute an die Denkmalpflege heranzuführen. Doch wie genau sieht es eigentlich mit einem Freiwilligen Sozialen Jahr in der Denkmalpflege in Köln aus? Theoretisch gibt es hier genügend denkmalgeschützte Objekte und damit auch viele mögliche Tätigkeitsfelder. Praktisch ist das aber nur im archäologischen Bereich möglich: "Junge Menschen können ihr FSJ im Bereich der Archäologie im Architekturbüro sowie im Amt für Denkmalpflege absolvieren", erklärt Uwe Steinberger, Leiter der Jugendbauhütte in Duisburg (Infos zum Amt für Denkmalpflege unter www.denkmalpflege.lvr.de). Ausreichend findet Steinberger das aber nicht: "Wir würden uns sehr freuen, wenn noch Stellen im Bereich Handwerk, Restaurierung oder etwa bei der Dombauhütte hinzukommen würden."

Auch Kai Nilson vom Ortskuratorium Köln der Deutschen Stiftung Denkmalschutz findet, dass es in der Millionenstadt mehr Einsatzstellen geben sollte: "Eine sehr gute Beschäftigungsstelle wären auch Gartendenkmäler", schlägt er vor. Nilson ist ebenfalls der Meinung, dass es wichtig ist, junge Menschen an alte Steine heranzuführen: "Denkmalschutz ist auch ein wirtschaftlicher Faktor. Deshalb ist es von Vorteil, viele freiwillige Helfer zu bekommen." Damit eine aktive Schicht nachwächst, die sich mit denkmalgeschützten Objekten beschäftigt, schlägt Nilson vor, das Thema stärker publik zu machen: "Man sollte mehr in die Schulen sowie Jugendvereinigungen gehen und dort werben. Außerdem muss man das Thema verjüngen und beispielsweise Internetseiten umstellen." Dass es mehr Einsatzstellen in Köln geben könnte, liegt laut dem Ortskurator aber nicht an den Vereinen, die sich für Jugendliche im Bereich Denkmalschutz einsetzen: "Die Stadt oder das Jugendamt müssten sich darum kümmern, denn die Vereine arbeiten alle ehrenamtlich und haben deshalb auch nur sehr wenig Zeit, sich damit zu befassen."

So viel Spaß macht Denkmalpflege

Claudia Urban ist eine der Absolventinnen des Freiwilligen Sozialen Jahres im Bereich Denkmalschutz. Vor Beginn des Projekts hatte sie noch keinerlei Bezug zur Denkmalpflege: "Nach dem Abitur wusste ich nicht, was ich machen sollte." Bei einer Webrecherche ist Claudia dann durch Zufall auf die Website der Internationalen Jugendgemeinschaftsdienste gestoßen: "Hier erfuhr ich zum ersten Mal vom FSJ im Bereich Denkmalschutz und fand es auf Anhieb spannend." Nun ist die 20-Jährige seit September 2014 in der Bildhauerei Diwo in Paderborn tätig. Eigentlich kommt Claudia aber aus der Nähe von Mainz: "Für die Einsatzstelle bin ich sogar extra umgezogen", sagt sie. Und das bereut die junge Absolventin keineswegs: "Bisher gefällt mir das FSJ richtig gut. Es ist sehr abwechslungsreich und macht mir deshalb besonders viel Spaß."

So beschäftigt sie sich zum Beispiel mit der Gravierung von Grabsteinen, dem Reinigen verschiedener Denkmäler und dem Restaurieren von Objekten. Besonders das Restaurieren von Figuren findet Claudia toll. Bevor es damit losgeht, denke sie sich oft: "Mann, ist die alt und hässlich", verrät sie. Aber: "Aus dem Alten kann man wieder etwas Neues machen. Dann ist die Figur wieder schön und hat sogar einen historischen Hintergrund. Das ist einfach eine ganz tolle Sache", schwärmt sie. Gemeinsam mit anderen Freiwilligen besucht Claudia zudem regelmäßig Seminare der Jugendbauhütten. Hier stellen die Absolventen auch ihre bisherigen Arbeiten vor. Bevor Claudia mit ihrem FSJ begann, glaubte sie, dass sich sehr wenige junge Leute für Denkmalschutz interessieren. Heute sieht sie das aber anders: "Auf den Seminaren sieht man wirklich sehr viele Teilnehmer. Das hätte ich vorher nicht gedacht." Für den Erhalt von Denkmälern wäre es wünschenswert, dass noch mehr junge Leute so viel Gefallen an alten Steinen finden wie Claudia. Vielleicht auch in Zukunft an weiteren Einsatzstellen in Köln. Claudia selbst könnte sich auch gut vorstellen, bei der Restaurierung eines kölschen Denkmal zu helfen: "Ich würde gerne mal am Kölner Dom arbeiten. Ich finde ihn einfach sehr beeindruckend."


AUTORIN: TANJA BROCKMANN

Der Dom ist einfach das Wahrzeichen Kölns – und damit das von Tanjas Heimat. Zu ihrem Lieblingsdenkmal wird er außerdem dank seiner beeindruckenden Architektur. Hinzu kommt: Auch wenn der Aufstieg beschwerlich sein kann, wenn man erst einmal oben ist, hat man die beste Aussicht auf die schönste Stadt am Rhein.